Burcin Temel McKenna
22. Oktober 2024
Mehr Wärme, weniger Risiko
In der Zementindustrie stehen zwar verschiedene Technologien für die CO₂-Abscheidung zur Verfügung, doch die damit verbundenen Kosten und Risiken sind erheblich. Wir sprachen mit Burcin Temel Mckenna, Global Head of Carbon Capture, über die Vorteile einer integrierten Amin-basierten Lösung. Für detailliertere Einblicke laden Sie bitte unseren Fachartikel herunter.
Carbon Capture ist eine komplexe Technologie. Können Sie helfen, sie für mich zu vereinfachen?
Carbon Capture ist eine energieintensive Technologie – unabhängig davon, ob Kryogenik, Amine oder heißes Kaliumkarbonat zum Einsatz kommt. Im Falle von Aminen muss man, um CO₂ aus der Aminlösung abzutrennen, diese erhitzen, bis der CO₂-Gasstrom und das flüssige Lösungsmittel zurückgewonnen werden können. Der Gesamtenergiebedarf für die Abtrennung von CO₂ aus dem Lösungsmittel ist sehr hoch.
Je nach Anlage kann die erforderliche Energie bereits vorhanden sein. Die Möglichkeit, diese überschüssige Energie aus der Anlage in die Abscheidungsanlage zu integrieren, reduziert die Investitionskosten (CAPEX) und die Betriebskosten (OPEX) des Projekts. Dies ist auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von Bedeutung.
Diese Art der benötigten Mittel- bis Hochtemperaturwärme ist in Zementwerken normalerweise nicht verfügbar. Können Sie erklären, wie man diese Herausforderung meistern kann?
Ja, das ist richtig. Wenn Sie beispielsweise in einem Biomasse- oder Müllheizkraftwerk eine Carbon Capture Anlage errichten würden, hätten Sie sofort Zugang zu Hochtemperaturdampf. Dieser könnte als Wärmequelle für die Carbon Capture Anlage genutzt werden. In einem Zementwerk gibt es hingegen andere Ströme mit niedrigeren Temperaturen. Hier können innovative Technologien, wie eine Abwärmerückgewinnungsanlage, dabei helfen, die Energie aus diesen Niedrigtemperaturströmen zu sammeln, damit sie im Kohlenstoffabscheidungsprozess verwendet werden kann.
Inzwischen gibt es auch fortschrittlichere Lösungsmittel. Was für Vorteile bieten sie?
Es gibt weit verbreitete Amin-Typen wie MEA, die seit vielen Jahren verwendet werden. Nun gibt es jedoch neue, fortschrittliche Typen, die komplexere Chemikalien enthalten und somit mehr CO₂ pro Volumeneinheit abscheiden können. Sie haben eine geringere Abbaugeschwindigkeit, was bedeutet, dass die Kohlenstoffabscheidung effektiver ist und weniger Aminlösung während des Betriebs verloren geht. Normalerweise muss die Aminlösung ständig nachgefüllt werden. Die neuen Aminotypen können somit dazu beitragen, die Betriebskosten zu senken, auch wenn sie anfangs teurer sein mögen. Da es sich bei vielen dieser Amine um firmeneigene Produkte handelt, sind unabhängige Tests nicht immer möglich und man ist auf die von den Herstellern bereitgestellten Datenblätter angewiesen.
"Die Möglichkeit, überschüssige Energie aus der Anlage in die Abscheidungsanlage zu integrieren, verbessert die Investitions- und Betriebskosten des Projekts und ist auch unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit von Bedeutung.
Welche anderen innovativen Technologien können die Effizienz Carbon Capture Anlagen verbessern?
Es gibt viele verschiedene Technologien zur Effizienzsteigerung, die jedoch oft mit anfänglichen CAPEX-Investitionen verbunden sind. Die Entscheidung, wie CAPEX und OPEX ausbalanciert werden, liegt also beim Kunden. In unserem Fachartikel erörtern wir einige der sehr technischen Änderungen, die vorgenommen werden können. Allen, die an den technischen Details interessiert sind, empfehle ich daher, es herunterzuladen.
Innovative Technologien wie Wärmepumpen können dazu beitragen, Energie aus Niedertemperaturströmen zurückzugewinnen. Diese Wärme kann wiederum zum Antrieb des Carbon Capture Prozesses verwendet werden. Es handelt sich dabei um eine bewährte Technologie, die jedoch für den Einsatz in industriellen Betrieben noch neu ist.
Kühlsysteme werden in verschiedenen Phasen des Carbon Capture Prozesses benötigt. Die Kühlung mit Wasser ist zwar effektiver, hängt jedoch von den Umweltgenehmigungen der Anlage ab. Ansonsten können Luftkühler eine praktikable Option sein.
Ich denke, dass es immer ein gewisses Risiko gibt, wenn man versucht, sein Verfahren zu optimieren und neue Technologien einzuführen. Wie lässt sich dieses Risiko Ihrer Meinung nach am besten mindern?
Es gibt verschiedene Arten von Risiken. Ein Beispiel ist das technologische Risiko, bei dem man abschätzen muss, für welche Technologie man sich entscheidet. Wie bereits besprochen, könnte es sich dabei um die Wahl zwischen einem Luft- und einem Wasserkühler handeln oder um die Entscheidung für eine bestimmte Wärmepumpe.
Ein weiteres Risiko betrifft die Art und Weise der Projektdurchführung. Bei einem Zementwerk stammen die Technologie zur Kohlenstoffabscheidung und die EPC-Anbieter aus der Öl- und Gasindustrie. Dort gibt es eine ganz bestimmte Arbeitsweise. Es geht also darum, Erfahrungen aus anderen Branchen zu übernehmen und sie in Bezug auf Standards, Qualität und Kosten so anzupassen, dass sie für die Zementindustrie geeignet sind.
Das größte Risiko ist natürlich das finanzielle Risiko. Es ist schwierig, unvorhergesehene Kosten im Zusammenhang mit der Technik oder der Lieferkette sowie die Markterwartungen vorherzusagen. Durch die Zusammenarbeit mit EPC-Unternehmen und Technologieanbietern gibt es jedoch Möglichkeiten, das Projekt so zu strukturieren, dass jede Partei das Risiko für ihren Teil minimieren kann, wodurch sich das Risiko für die gesamte Anlage reduziert.
Alles in allem gibt es bei der Ausführung einer Carbon Capture Anlage viele strukturelle und finanzielle Risiken zu berücksichtigen. Ich empfehle die Lektüre des Fachartikels, um mehr zu erfahren!
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Burçin Temel McKenna
Global Head of Carbon Capture
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