Robert Nussey, Dr. Andrea Bueno
17. Februar 2025
Warum der Erhalt der Biodiversität für Investoren von strategischer Priorität ist
Während Investoren der Nachhaltigkeit zunehmend Priorität einräumen, wird die biologische Vielfalt – der Schlüssel zur langfristigen Resilienz – oft übersehen. Robert Nussey und Dr. Andrea Bueno erläutern, warum Biodiversität wichtig ist, wie Private-Equity-Investoren sie integrieren können und warum es für eine langfristige Wertschöpfung wichtig ist, jetzt zu handeln.
1. Die biologische Vielfalt ist derzeit ein wichtiges Thema. Können Sie erläutern, warum sie für Investoren so wichtig ist und welche Risiken bestehen, wenn sie nicht berücksichtigt wird?
RN: Biodiversität ist derzeit ein großes Thema für Investoren, und das aus gutem Grund. Gesunde Ökosysteme erfüllen wesentliche Funktionen, auf die die Weltwirtschaft angewiesen ist. Wenn die biologische Vielfalt abnimmt, können diese Funktionen gestört werden, was zu höheren Kosten und geringerer Produktivität führt.
Investoren müssen die Unternehmen, in die sie investieren, verstehen, insbesondere diejenigen, die von natürlichen Ressourcen abhängig sind oder Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Dieses Verständnis hilft bei der Bewältigung potenzieller Reputations- und Regulierungsrisiken. Denn das Weltwirtschaftsforum bezeichnet den Verlust der biologischen Vielfalt als eine der größten globalen Bedrohungen im kommenden Jahrzehnt.
Der Schutz der biologischen Vielfalt ist auch für das Gemeinwohl von entscheidender Bedeutung. Da Verbraucher und Stakeholder zunehmend verantwortungsbewusstes Handeln im Umweltbereich fordern, kann die Vernachlässigung der biologischen Vielfalt zu einer Schädigung des Rufs führen.
Investitionen in Unternehmen, die der biologischen Vielfalt einen hohen Stellenwert einräumen, führen häufig zu einem nachhaltigeren Wachstum, da diese Unternehmen in der Regel widerstandsfähiger gegenüber Umweltveränderungen und regulatorischen Anforderungen sind. Jüngste Untersuchungen zeigen, dass Portfolios mit geringeren Risiken im Bereich der biologischen Vielfalt in der Regel höhere kumulative Renditen liefern.
Schließlich eröffnet die Ausrichtung auf globale Biodiversitätsinitiativen neue Anlagemöglichkeiten. Durch die Berücksichtigung der biologischen Vielfalt bei Investitionsentscheidungen können Anleger nicht nur Risiken mindern, sondern auch rentable, nachhaltige Investitionen erschließen.
2. Welchen Einfluss haben globale Anforderungen darauf, wie Investoren mit dem Thema Biodiversität umgehen sollten, und was sind die größten Hürden, denen sich Unternehmen bei der Einhaltung stellen müssen?
RN: Globale Anforderungen verändern die Art und Weise, wie Investoren mit der biologischen Vielfalt umgehen sollten. Sie zielen darauf ab, den Verlust der biologischen Vielfalt umzukehren und Finanzströme in Aktivitäten zur Wiederherstellung der Natur umzuleiten.
Das Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF) setzt beispielsweise Ziele wie die Erhöhung der finanziellen Mittel für die biologische Vielfalt und verlangt von großen Unternehmen, über ihre Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu berichten. Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) schreibt eine detaillierte Umwelt- und Sozialberichterstattung vor, in die auch die biologische Vielfalt einbezogen wird, um Investoren eine bessere Bewertung der Nachhaltigkeitsleistung zu ermöglichen. In ähnlicher Weise erhöht die Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzierungen (Sustainable Finance Disclosure Regulation – SFDR) die Transparenz, indem sie von Finanzinstituten verlangt, offenzulegen, wie sie Nachhaltigkeitsrisiken, einschließlich der biologischen Vielfalt, in ihre Investitionsentscheidungen einbeziehen.
Auch wenn diese Vorschriften komplex erscheinen mögen, bringen sie Investitionen mit den globalen Nachhaltigkeitszielen in Einklang.
Investoren sollten ein tiefgreifendes Verständnis für diese Vorschriften entwickeln und Richtlinien erstellen, die diese Vorschriften widerspiegeln, um finanzielle Risiken zu mindern und eine nachhaltigere Zukunft zu unterstützen. Auf diese Weise können sie effektiv durch die regulatorische Landschaft navigieren und gleichzeitig einen Beitrag zu den globalen Nachhaltigkeitsbemühungen leisten.
3. Wie können Investoren beginnen, den Aspekt der biologischen Vielfalt in ihre Investitionsentscheidungen zu integrieren?
AB: Um die Natur in Investitionsentscheidungen einzubeziehen, sollten Anleger zunächst einen unternehmensweiten Ansatz für die biologische Vielfalt fördern. Dazu gehört es, internes Wissen aufzubauen, die Unterstützung der Führungsebene zu sichern und die biologische Vielfalt zum Bestandteil der Unternehmenskultur zu machen.
Im nächsten Schritt sollten die Auswirkungen, Abhängigkeiten, Risiken und Chancen des Portfolios in Bezug auf die biologische Vielfalt über alle Vermögenswerte hinweg bewertet werden. Eine Möglichkeit hierfür ist die Anwendung des LEAP-Ansatzes der Task Force on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) zur Bewertung und Messung potenzieller Naturaspekte der Geschäftsaktivitäten, in die investiert wird. Auf der Grundlage dieser Bewertung können Investoren eine Strategie entwickeln, die den Schutz der biologischen Vielfalt in den Mittelpunkt stellt und wesentlichen Risiken und Chancen Vorrang einräumt. Die Integration von Biodiversitätsmetriken, wie z. B. der Global Biodiversity Metric von Ramboll, in die Bewertungskriterien für Vermögenswerte kann dabei helfen, Biodiversitätsaspekte in den Investitionsentscheidungsprozess zu integrieren.
Die Strategie sollte auch transparente Ziele enthalten, die mit globalen Ambitionen wie dem GBF übereinstimmen, und einen Ansatz zur Verfolgung der Leistung festlegen. Schließlich können die Eigentümer von Vermögenswerten öffentliche Verpflichtungen eingehen und ihre Probleme im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt sowie die entsprechenden Maßnahmen offenlegen und ihre Interessengruppen durch regelmäßige Berichterstattung auf dem Laufenden halten. Eine Biodiversitätspolitik kann dazu beitragen, diese Bemühungen zu konsolidieren, indem sie darlegt, wie Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt ermittelt, gesteuert und überwacht werden.
4. Können Sie einige Best-Practice-Beispiele dafür nennen, wie Finanzinstitute direkt von der Einbeziehung der biologischen Vielfalt in ihre Anlagestrategien profitieren können?
RN: Es gibt eine Vielzahl von Organisationen, die spezifische Best Practices für den Finanzsektor anbieten. Die Finance for Biodiversity Foundation zeigt beispielsweise auf, wie Finanzinstitute durch Investitionen in biodiversitätsfreundliche Projekte Risiken mindern und Chancen nutzen können. Die Partnership for Biodiversity Accounting Financials (PBAF) wiederum bietet einen standardisierten Ansatz für die Bewertung und Offenlegung der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt. Dieser Ansatz hilft Finanzinstituten, fundierte Entscheidungen zu treffen und ihre Nachhaltigkeitsleistung zu verbessern. Auch UNEP FI bietet eine Anleitung zur Festlegung von Biodiversitätszielen, die es Banken ermöglicht, Biodiversitätsaspekte systematisch in ihre Strategien zu integrieren. Im Ergebnis führen diese bewährten Verfahren zu widerstandsfähigeren und nachhaltigeren Finanzportfolios.
5: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die Rolle der Biodiversität in den nächsten zehn Jahren entwickeln, insbesondere im Zuge des raschen digitalen Wandels?
AB: Mit dem wachsenden Bewusstsein für Biodiversitätsrisiken sowie der Zunahme neuer Vorschriften und freiwilliger Berichterstattung steigt die Nachfrage nach umfassenden naturbezogenen Daten. Die Organisationen stehen unter dem Druck, ihre Auswirkungen auf die Natur besser zu verstehen und zu bewältigen.
Die Digitalisierung ist der Schlüssel dazu, denn sie liefert hochwertige Daten, die für fundierte Entscheidungen und die Beschleunigung von Investitionen in die Natur unerlässlich sind. Innovationen wie Fernerkundung, eDNA-Probenahme und KI machen es einfacher und kosteneffizienter, Daten in großem Maßstab zu sammeln und zu verarbeiten. Damit lässt sich der Zustand der Natur effizienter überwachen und künftige Szenarien lassen sich genauer vorhersagen. Das verbessert die Planung, das Management und die Bemühungen um Schadensbegrenzung.
Vor allem die KI bietet ungeahnte Möglichkeiten. Sie kann Daten auf neue Weise analysieren, um die Wechselwirkungen zwischen Unternehmen und Natur aufzudecken und geeignete Maßnahmen zu ermitteln. Es gibt jedoch auch Herausforderungen zu bedenken: die Umweltauswirkungen der Technologie selbst, Verzerrungen in den Daten, ethische Bedenken hinsichtlich eines gerechten Zugangs und das Risiko, sich zu stark auf KI zu verlassen und dabei traditionelles ökologisches Wissen und Methoden zu vernachlässigen. Die Bewältigung dieser Probleme erfordert eine kontinuierliche Zusammenarbeit und ein sektorübergreifendes Engagement.
Letztlich ist die digitale Transformation ein wichtiger Faktor für den Schutz der biologischen Vielfalt, da sie die Art und Weise verändert, wie wir Daten sammeln, speichern und verarbeiten, um Erkenntnisse zu gewinnen. Diese Technologien befinden sich zwar noch in der Entwicklung, bieten aber gute Möglichkeiten, die Bemühungen gegen den Verlust der biologischen Vielfalt zu beschleunigen.
6. Was ist die wichtigste Erkenntnis für Private-Equity-Investoren, wenn es um die biologische Vielfalt geht?
AB: Die wichtigste Erkenntnis für Private-Equity-Investoren ist, dass sie jetzt handeln müssen. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Messungen und Maßnahmen und die Konzentration auf Sektoren mit hoher Auswirkung werden dazu beitragen, die betriebliche Effizienz zu steigern und langfristigen Wert zu schaffen. Biodiversität ist nicht nur ein Umweltthema, sondern ein strategischer Imperativ, der bei Investitionsentscheidungen an erster Stelle stehen sollte. Durch die Integration der Natur in jede Phase der Geschäftstätigkeit können Investoren Risiken mindern, Chancen ergreifen und zu einer nachhaltigeren Zukunft beitragen.
Referenzen:
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Robert Nussey
Nature Positive Manager
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Andrea Bueno
Senior Consultant, Biodiversity & Ecosystems
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