31. März 2021

Daten, Digitalisierung, Dimensionen – Die Zukunft der Hafenplanung ist vernetzt

Die unlängst veröffentlichte Potenzialprognose des Beratungsunternehmens Ramboll liefert wichtige Einblicke in die zukünftige Entwicklung des Hamburger Hafens. Laut Gutachten liegen die Wachstumserwartungen für den Hamburger Hafen mit jährlich 0,6 bis 2,1 Prozent unter denen früherer Prognosen. Wie Häfen solche Daten und die Digitalisierung nutzen können, um ihren zukünftigen Erfolg zu sichern, erklärt Planungsexperte Heiko Wenzel im Interview.   

Welche Bedeutung haben Potenzialprognosen für Häfen?
Hafenbetreiber befinden sich in einem permanenten Wettbewerb mit anderen Terminals. Um effizient zu planen und Flächen gewinnbringend einzusetzen, ist das Wissen über die erwartbaren Umschlagmengen unabdingbar. Nur durch eine exakte Analyse der Maßnahmen an anderen Standorten in Europa, einer hohen Fachkompetenz zu unterschiedlichen Kundengruppen und deren Potenziale sowie das Wissen um Förderprogramme, können Häfen zukunftssicher ausgerichtet werden. Für Häfen bieten Prognosen also die Grundlage für eine realistische Planung.
Wie haben sich Potenzialanalysen in den letzten Jahren verändert?
Heute sind die zu Verfügung stehenden Daten präziser als das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Durch die Digitalisierung können wir zudem eine deutlich größere Menge an Daten verarbeiten und in unsere Analysen einfließen lassen. Das heißt: Die Potenzialanalysen sind noch exakter und ihre Aussagekraft größer. Das erhöht die Planungssicherheit auf Seiten der Häfen. Nutzen die Häfen diese Daten und die Digitalisierung richtig, können sie die Dimensionen ihrer Terminals gezielt auf zukünftige Entwicklungen anpassen.
Was sollte bei der Planung beachtet werden?
Sobald die erwartbaren Umschlagsprognosen feststehen, sollten Hafenbetreiber ihre Planungen realistisch und sachlich daran ausrichten. Das bedeutet auch die praktischen Abläufe sowie die damit verbundene Logistik in den Blick zu nehmen und dann nach diesen Vorgaben bauen. Um es einfach auszudrücken: Sind Containerumschläge erwartbar rückläufig, wird auch ein überdimensionierter Containerterminal daran nichts ändern – dazu braucht es mehr. Bevor ein Entwurf also in die Ingenieurplanung geht, ist es zentral die Funktion des Entwurfs nachzuweisen. Dazu können zum Beispiel Simulationen genutzt werden, die sich an den harten Fakten orientieren. Inzwischen sind wir in der Lage, dies nicht nur für Containerterminals sondern auch für Fähr- und RoRo-Häfen zu tun. Aber natürlich haben Hafenbetreiber weitere Stellschrauben, an denen sie drehen können.
Welche Stellschrauben sind das?
Bei der Hafenplanung kommt es darauf an vernetzt zu denken und unterschiedliche Strategien gleichzeitig zu verfolgen. Anders gesagt: Erfolgreiches Hafenmanagement setzt voraus, dass Planungen ganzheitlich und auf Basis eines umfassenden kaufmännischen, fachlichen und ingenieurtechnischen Wissens betrachtet werden. So können die Umsatzziele aber auch Aspekte wie Qualitätssicherung, Kostenkontrolle und Termintreue sichergestellt werden. Um zwei konkrete Beispiele zu nennen, die über das über die rein ingenieurtechnische Betrachtung hinausgehen: Förderprogramme können eine wirksame Unterstützung bieten und sollten nach Möglichkeit schon früh in die Planungen einbezogen werden. Oft werden hier Bedingungen gestellt, die von Anfang an mitbedacht werden sollten, weil sie später im Projekt kaum noch realisierbar sind. Auch eine Analyse der sogenannten „Zielgruppen“, also der potenziellen Kunden, ist wichtig. Hier bieten Daten ebenfalls die Grundlage für ein strategisch sinnvolles Vorgehen: Es ist anhand unterschiedlicher Parameter möglich auszurechnen, welche Kunden für eine Ansprache durch den Hafen am empfänglichsten sind oder welche ingenieurtechnischen Lösungen und Angebote zu einem deutlich erhöhten Mehrwert für den Kunden führen. So schafft man Anreize für existierende und potenzielle Kunden, ihre Transporte über den eigenen Hafen abzuwickeln. Diese Komplexität können wir nur meistern, wenn wir uns auch hierzulande die Digitalisierung zu nutzen machen und all diese Dinge in Betracht ziehen, denn sie sind unweigerlich miteinander verbunden. Die Zukunft der Hafenplanung ist also vernetzt.