Sa'ad Ahmed, Pernille Krogh Ohms

9. Juni 2025

Wie lassen sich die Umweltauswirkungen der Stadtentwicklung verringern?

Bereits heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten – bis 2041 werden es voraussichtlich rund 6 Milliarden Menschen sein. Eine wegweisende, von der Ramboll-Stiftung geförderte Studie zeigt, wie nachhaltige Stadtentwicklung gelingen kann.

Arial view of Punggol Digital District in Singapore

Bis 2050 werden nach Angaben der Vereinten Nationen zwei Drittel der Menschen in städtischen Gebieten leben - 2,5 Milliarden mehr als heute. Dieses immer stärkere Wachstum erfordert einen nachhaltigen Ansatz für die Stadtentwicklung, der die vereinbarten Klimaziele nicht gefährdet.


In einer Studie der Technischen Universität Dänemark (DTU wird untersucht, wie sich die Umweltauswirkungen des Städtewachstums verringern lassen. Mit Unterstützung der Ramboll-Stiftung, in Zusammenarbeit mit dem Dänischen Innovationsfonds und Realdania, analysierten Pernille Krogh Ohms, Nachhaltigkeitsspezialistin bei Ramboll, und ihr Forschungsteam den 110 Hektar großen Lyngby-Campus der DTU. Dieser verfügt über einen vielfältigen Gebäudebestand mit elf unterschiedlichen Archetypen. Ziel der Untersuchung war es, Strategien zu entwickeln, um Treibhausgasemissionen trotz räumlicher Expansion zu reduzieren.

Derzeit verbrauchen Städte über zwei Drittel der weltweiten Energie und verursachen mehr als 60 % der globalen Treibhausgasemissionen. Ein nachhaltigerer Ansatz in der Stadtentwicklung kann nicht nur den ökologischen Fußabdruck verringern, sondern auch die Lebensqualität der Bewohner steigern. Im Folgenden finden städtische Entscheidungsträger die wichtigsten Empfehlungen.

  1. Betrieblichen Energieverbrauch senken
  2. Neuinanspruchnahme von Flächen minimieren
  3. Energieversorgung dekarbonisieren
  4. Gebundenen Kohlenstoff reduzieren
  5. Wärmeeffizienz steigern
Betrieblichen Energieverbrauch senken

Eine der größten Quellen für Treibhausgasemissionen in Städten ist der betriebliche Energieverbrauch von Gebäuden. Die Forschung zeigt: Die Senkung des Energiebedarfs bestehender Gebäude hat in allen untersuchten Wirkungskategorien den größten positiven Effekt.

2022 arbeitete Ramboll mit der Europäischen Umweltagentur (EUA) zusammen, um den betriebsbedingten Kohlenstoffausstoß durch gezielte Renovierungen und höhere Energieeffizienz zu reduzieren. Die Analyse ergab, dass der Gebäudebestand in der EU für rund 36 % der gesamten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse entwickelte Ramboll Empfehlungen zur Steigerung der Energieeffizienz – auch im Wohnungsbau, der aufgrund des fortschreitenden Städtewachstums eine kontinuierlich hohe Nachfrage verzeichnet – und trug so zur Verbesserung des politischen Rahmens bei.

Neuinanspruchnahme von Flächen minimieren

Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass bis 2060 jährlich rund 230 Milliarden Quadratmeter neue Gebäudeflächen entstehen müssen – das entspricht der Fläche Japans –, um den wachsenden Bedarf zu decken. Durch angepasste Wiederverwendung, Renovierung und Sanierung lassen sich ältere Gebäude revitalisieren, was den Bedarf an neuer Gebäudefläche um bis zu 10 % senken kann. Der Einsatz biogener Materialien bei Erweiterungen und Nachrüstungen reduziert die Kohlenstoffbelastung zusätzlich.

Eine weitere Studie von Pernille Krogh Ohms und ihrem Team zeigt, dass Gebäude häufig vor dem Ende ihrer Lebensdauer abgerissen werden. Der Abriss und Neubau eines gleich großen Gebäudes kann jedoch bis zu 35 % mehr CO₂-Emissionen verursachen als eine Renovierung. Werden bestehende Gebäudestrukturen an veränderte Nutzungsanforderungen angepasst – etwa durch die Verkleinerung von Fluren –, lassen sich die Umweltauswirkungen eines steigenden Platzbedarfs deutlich verringern.

Renovierungen sind zudem wirtschaftlich attraktiv: Sie können bis zu 45 % kostengünstiger sein, und über einen Zeitraum von 50 Jahren ist ein Neubau oft doppelt so teuer. Wo größere Bauprojekte unvermeidbar sind, kann eine vertikale Bauweise nachhaltiger sein, da sie die Ausweitung der Grundfläche verhindert und damit wertvolle Flächen schont.

Energieversorgung dekarbonisieren

Die Forschung ergab, dass eine allgemeine Dekarbonisierung die Schäden an den Ökosystemen zwischen 2023 und 2035 um 24,5 % verringern könnte. Allein reicht das jedoch nicht aus. Um den Gebäudebestand mit dem 1,5-°C-Ziel in Einklang zu bringen, müssen Wärme- und Stromversorgung vollständig dekarbonisiert werden. Dabei dürfen städtische Entscheidungsträger nicht einfach darauf vertrauen, dass die Gesellschaft dieses Problem von selbst löst – sie müssen aktiv handeln.

"Die Dekarbonisierung allein genügt nicht, um das 1,5-°C-Ziel zu erreichen. Eigentümerinnen und Eigentümer von Gebäuden müssen zusätzliche Maßnahmen ergreifen und dürfen sich nicht allein auf technologische Entwicklungen im gesellschaftlichen Umfeld verlassen."

Pernille Krogh Ohms
Expertin für Nachhaltigkeit, Ramboll

Planerinnen und Planer müssen den steigenden Bedarf an Gebäuden mit den ökologischen Folgen in Einklang bringen. Der Einsatz erneuerbarer Energien in allen Phasen des Planungs- und Bauprozesses kann die Umweltauswirkungen zusätzlicher Entwicklungen pro Einheit deutlich senken. Angesichts des anhaltenden Städtewachstums sind Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung entscheidender denn je.

Gebundenen Kohlenstoff reduzieren

Die Dekarbonisierung des Bauprozesses spielt eine zentrale Rolle bei der Reduzierung des vorgelagerten, also eingebetteten Kohlenstoffs. Der Einsatz von vorgefertigten Bauteilen kann Emissionen und Luftverschmutzung im Vergleich zum traditionellen Bauen vor Ort deutlich senken. Zudem tragen emissionsarme Fahrzeuge für den Materialtransport zur Baustelle wesentlich zur Dekarbonisierung bei.

Auch die Verwendung biogener Materialien wie Holz bietet eine effektive Möglichkeit, den gebundenen Kohlenstoff zu reduzieren, da ihr CO₂-Fußabdruck im Vergleich zu herkömmlichen Baustoffen deutlich geringer ist. Durch nachhaltige Baupraktiken lässt sich der gebundene Kohlenstoff signifikant verringern – ein wichtiger Beitrag zur Reduzierung der Gesamtumweltbelastung, der andere Maßnahmen sinnvoll ergänzt.

Wärmeeffizienz steigern

Die Dekarbonisierung des Bauprozesses ist entscheidend, um den eingebetteten Kohlenstoff zu reduzieren. Vorgefertigte Bauteile senken Emissionen und Luftverschmutzung deutlich im Vergleich zum traditionellen Bau vor Ort. Emissionsarme Fahrzeuge beim Materialtransport tragen zusätzlich zur CO₂-Reduktion bei.

Der Einsatz biogener Materialien wie Holz hilft, den gebundenen Kohlenstoff zu verringern, da sie einen deutlich kleineren CO₂-Fußabdruck haben als herkömmliche Baustoffe. Nachhaltige Baupraktiken reduzieren so die Gesamtumweltbelastung und ergänzen andere Klimaschutzmaßnahmen wirkungsvoll.

"Wir sind überzeugt, dass unsere Erkenntnis – dass die Kombination mehrerer Minderungsstrategien entscheidend ist – auch auf andere Gebäudebestände übertragbar ist. Unsere Studie zeigt, wie verschiedene Ansätze sinnvoll kombiniert werden können, um die notwendigen Klimaziele zu erreichen."

Pernille Krogh Ohms
Expertin für Nachhaltigkeit, Ramboll

Nachhaltige Stadtentwicklung ist möglich

Angesichts der steigenden Nachfrage nach städtischen Flächen ist ein Überschreiten des Pariser Klimaziels nicht zwangsläufig. Städtische Entscheidungsträger sollten unsere Empfehlungen berücksichtigen, um die Umweltauswirkungen des schnellen Bevölkerungswachstums zu minimieren.

„Obwohl unsere Ergebnisse speziell auf diesen Gebäudebestand zugeschnitten sind, bin ich zuversichtlich, dass sich ähnliche Trends auch bei anderen Beständen zeigen“, erklärt Pernille Krogh Ohms.

Städtewachstum und Nachhaltigkeit schließen sich nicht aus. Durch die Kombination verschiedener Minderungsstrategien können Stadtplaner ein nachhaltiges Wachstum fördern, das sowohl die Klimaziele erfüllt als auch die Gesellschaft widerstandsfähiger und lebenswerter macht.

Möchten Sie mehr über die Bedeutung der Gebäudetransformation für die Dekarbonisierung erfahren? Entdecken Sie den Leitfaden für nachhaltige Renovierung von Ramboll

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  • Pernille Krogh Ohms

    Sustainability Specialist

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