Guy Milligan

27. Oktober 2021

Fünf neue Ansätze aus Schottland zur Dekarbonisierung der Energieversorgung

Mithilfe außergewöhnlicher Quellen für CO2-freie Wärme kann Schottland zeigen, wie eine grüne Energiewende für Gebäude und urbane Räume aussehen könnte - und ist damit ein Vorbild für die ganze Welt.

Das eher für sein windiges, feuchtes und kühles Klima und weniger für seine natürlichen Wärmequellen bekannte Schottland hat CO2-freie Wärme zu einem Eckpfeiler seiner Bestrebungen gemacht, bis 2045 eine Net Zero Bilanz seiner Treibhausgasemissionen zu erreichen. Neben dem Ausbau der erneuerbaren Energien, wie z.B. der Windenergie, verfolgt Schottland neue und ungewöhnliche Ansätze für saubere Energien, um seine Gebäude und seine urbanen Räume zu versorgen. Das ist ein wichtiger Schritt, denn laut einer UN-Studie sind Gebäude für 38 % aller energiebedingten CO2-Emissionen verantwortlich.
Es folgen fünf Beispiele dafür, wie schottische Städte ihre urbanen Räume neu denken, um die Nachfrage nach CO2-freier Energie zu decken und ein weltweites Vorbild zu sein.
1. Von braunem Abfall zu grüner Energie
Städte auf der ganzen Welt haben das Potenzial, schmutzige Abwässer in saubere grüne Energie zu verwandeln. In Schottland wurde das erste System seiner Art zur Energiegewinnung aus Abwasser für ein Fernwärmenetz in der Stadt Stirling gebaut. Dies ist nur einer der innovativen Ansätze, mit denen die Umwelteinrichtung Scottish Water Horizons die Behörde Scottish Water dabei unterstützt, ihr Ziel von Netto-Null-Emissionen bis 2040 zu erreichen.
Die Abwasserwärmepumpe dieses Systems ist die größte Installation ihrer Art in Großbritannien und versorgt mehrere wichtige öffentliche Gebäude. Die Energiezentrale arbeitet mit Wärmepumpen, die die Wärme aus dem Abwasser zurückgewinnen und in das Fernwärmenetz einspeisen. Zudem gehört dazu ein gasbeheiztes Blockheizkraftwerk, das Strom für die Kläranlage erzeugt und Abwärme in das Fernwärmenetz einspeist.
2. Begrünung des industriellen Erbes für erneuerbare Wärme
In Schottland wird derzeit untersucht, wie die Überreste des industriellen Kohlebergbaus für grüne Energiegewinnung genutzt werden können. Das von der britischen Regierung finanzierte Projekt UK Geoenergy Observatories Project wird Wissenschaftlern, der Industrie und politischen Entscheidungsträgern bahnbrechende Erkenntnisse darüber liefern, ob die Ressource Grubenwasser eine langfristige, kostengünstige und CO2-arme Wärmequelle für Haushalte und Unternehmen darstellen kann.
Wir hoffen, dass viele Städte auf der ganzen Welt, die ebenfalls über stillgelegte Minen verfügen, den Fortschritt und die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus diesem vom British Geological Survey durchgeführten Projekt verfolgen werden, um zu erkennen, wie diese riesige ungenutzte Ressource direkt unter unseren Füßen genutzt werden kann, um den alten Minen eine neue grüne Zukunft zu geben.
3. Rivers powering cities
Das Sanierungsgebiet des ehemaligen Werftgeländes Queens Quay in Glasgow beherbergt das größte, auf Wärmepumpen basierende Fernwärmesystem Schottlands. Das System entzieht dem Fluss Clyde Wärme. Die Temperatur wird von der Wärmepumpe angehoben und über isolierte unterirdische Rohre an örtliche Häuser und Unternehmen verteilt. Durch den Ersatz der sonst nötigen Erdgaskessel vermeidet das System jährlich mehr als 2000 Tonnen CO2-Emissionen. Als die erste derart groß angelegte Wärmepumpe ihrer Art in Schottland wird das Projekt im Rahmen der COP26 Green Zone ausgestellt.
Das von West Dunbartonshire Council betriebene Projekt Queens Quay, das von der schottischen Regierung gefördert wird, zeigt, über welch enorme Heizpotenziale die Städte aufgrund ihrer Flüsse verfügen. Die Studie „Green Heat in Greenspace“ zeigt, dass städtische Flüsse und Grünflächen fast 80 % des schottischen Wärmebedarfs decken könnten, wobei die CO2-Einsparungen so hoch wären, als wenn man 60 % der Autos in Schottland ein Jahr lang nicht benutzen würde.
4. Grünflächen für grüne Energie
Von der Wiederverwendung industrieller Altlasten bis hin zur Nutzung bestehender Grünflächen wurde eine Methode entwickelt, um die Möglichkeiten der Energieerzeugung in Schottlands Parks und Grünflächen zu ermitteln. Über die schottischen Städte und Gemeinden verteilt gibt es etwa 3.500 Parks und 100.000 Grünflächen. Eine aktuelle Studie von Ramboll hat ergeben, dass diese Anlagen 43 Prozent des schottischen Wärmebedarfs decken könnten.
Die Erkenntnisse aus dem Projekt „ParkPower“, das von der Wohltätigkeitsorganisation Greenspace Scotland in Auftrag gegebenen wurde, wurden in ein datengesteuertes geografisches Informationssystem (GIS) übertragen, mit dem Beteiligten herausfinden können, wie diese Ressourcen optimal genutzt werden können. Der Bericht, das GIS-Dashboard und andere Informationen über dieses Potenzial für grüne Energie in den Stadträumen sind auf der Website von Greenspace Scotland frei verfügbar.
5. Auf Kommunen ausgerichtete Energiesysteme
Schottland setzt auch bei Clyde Gateway in Glasgow, Schottlands größtem und ehrgeizigstem Sanierungsprogramm, auf einen gemeinschaftsorientierten Ansatz für ganzheitliche Energiesysteme. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Verflechtung intelligenter Anforderungen, der Nutzung CO2-armer Quellen und von Abwärme in Kombination mit Energiespeicherung sowie gemeinsamer Energienutzung im gesamten System - zur Maximierung der Ressourceneffizienz und Minimierung von Energieverlusten.
Die erste Phase dieses Projekts umfasste ein neues Fernwärmenetz und eine Energiezentrale, bestehend aus einem gasbeheizten Blockheizkraftwerk, das Strom an eine Kläranlage und Abwärme an ein anderes Fernwärmenetz in der Gemeinde Dalmarnock liefert. In Planung befindet sich derzeit ein innovatives Fernwärmenetz für Fernwärme und -kälte, das Energie aus dem Abwasser der Kläranlage zurückgewinnen und neue Gebiete mit Wärme und Kälte versorgen soll. Bisher gibt es weltweit nur sehr wenige dieser Systeme. Mithilfe dieses aufregenden Vorbildprojektes können andere Städte nun erkunden, wie sie ihre Gebäude beheizen und kühlen können.
Schottlands Erkundung neuartiger Energiequellen stimmt optimistisch, dass durch ein Umdenken ein großer Teil des weltweiten Wärmebedarfs direkt in unseren urbanen Gebieten gedeckt werden könnte. Ramboll ist stolz und froh, solche innovativen Projekte unterstützen zu dürfen.

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  • Guy Milligan

    Head of Department - District Energy

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