Peter Ruland

21. Mai 2025

Eine neue Art der Projektabwicklung: Allianzverträge ermöglichen intelligentere Infrastruktur

Bei komplexen Infrastrukturprojekten ist die Art der Projektabwicklung genauso wichtig wie die Aufgabe selbst. Ein neues Bahnprojekt in Norddeutschland ist deshalb nicht nur für die Verkehrsanbindung des Landes von Bedeutung, sondern stellt auch einen Durchbruch in Bezug auf unsere Zusammenarbeit, unsere Leistungserbringung und unsere Wertschöpfung dar.

Rail

Das Projekt - Teil der Hinterlandanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung - umfasst 55 km Schieneninfrastruktur, einschließlich Elektrifizierung, größerer Neubaustrecken und Modernisierungen entlang des wichtigen Korridors zwischen Lübeck und der deutsch-dänischen Grenze.

Das zwei Milliarden Euro Projekt wird die Reisezeit zwischen Hamburg und Kopenhagen deutlich verkürzen und damit den Personen- und Güterverkehr zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa erheblich verbessern. Es ist mehr als nur eine Bahnverbindung: Es ist eine strategische Investition in kohlenstoffarme Mobilität, europäische Integration und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit.

Verwirklicht durch ein Allianzmodell

Besonders bemerkenswert an diesem Projekt ist die Art und Weise seiner Realisierung: Es ist eines der ersten großen deutschen Infrastrukturprojekte, das in einer Allianz umgesetzt wird.

Im Gegensatz zur traditionellen Auftragsvergabe vereint das Allianzmodell die beteiligten Ingenieurbüros in einer einzigartigen Partnerschaft, darunter DB InfraGO die Deutsche Bahn, einen Planungspartner in Form des Joint-Ventures von Ramboll, Arcadis, Obermeyer sowie sechs spezialisierte Auftragnehmer. So werden Risiko, Ertrag und Verantwortung vom ersten Tag an geteilt.

"Wir arbeiten alle auf ein gemeinsames Ziel hin: gemeinsam die beste Lösung zu finden. Es geht nicht darum, Ansprüche zu gewinnen - es geht darum, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen."

Dr. Peter Ruland
Leiter Verkehrsinfrastruktur bei Ramboll Deutschland

Die rechtliche Struktur unterscheidet sich von einem Joint Venture, ist aber funktionell genauso integriert. Sie ermöglicht eine frühzeitige Zusammenarbeit, eine transparente Budgetierung und die Flexibilität, den Kurs bei auftretenden Herausforderungen anzupassen – was besonders wertvoll bei komplexen, mehrphasigen Projekten ist.

Warum Allianz-Verträge?

Die Einführung des Allianzmodells in Deutschland basiert auf den gewonnenen Erfahrungen. Wie Peter Ruland erklärt, führen herkömmliche Pauschalverträge oft zu Streitigkeiten, Verzögerungen und einem Streit um Verantwortlichkeiten. Das Allianzmodell vermeidet dies, indem es von Anfang an Anreize zur Zusammenarbeit schafft. Jeder orientiert sich an der Leistung, nicht an der Position.

Jeder Partner bietet auf der Grundlage von Kostenzuschlagsverträgen an, wobei gemeinsame Leistungsanreize an die Einhaltung oder Verbesserung des ‚Schwellenpreises‘ des Projekts gebunden sind. Dies fördert die proaktive Problemlösung, die Kostenkontrolle und die integrierte Planung – und nicht die Schuldzuweisung bei Änderungsaufträgen.

Als Teil des Allianzteams erbringt Ramboll multidisziplinäre Dienstleistungen, wobei der Schwerpunkt auf der Planung von Bauwerken wie Bahnhöfen und Brücken liegt.

Ein Modell, das weltweit an Bedeutung gewinnt

Dieses Projekt ist Teil eines umfassenderen Trends: der zunehmende Einsatz von Allianzverträgen bei der Bereitstellung komplexer Infrastrukturen. In Australien und Finnland wird dieses Modell bereits seit Langem für große Verkehrs- und Tunnelprojekte genutzt. Auch Länder wie Großbritannien und Deutschland erkennen zunehmend den Vorteil dieses Modells wenn es darum geht, Unsicherheiten zu bewältigen, Innovationen freizusetzen und einen langfristigen Wert zu schaffen.

„Finnland und Australien zeigen, dass das Modell funktioniert. Wir übernehmen Best Practices und passen sie an unsere Bedürfnisse an.”, sagt Peter Ruland. „Das Besondere hier ist, dass der Kunde alle Partner unabhängig voneinander ausgewählt hat und sie gleichberechtigt in eine Allianz einbindet. Für die Planer ist das eine echte Chance, ihre besten Ideen einzubringen, ohne von einem anderen Auftragnehmer abhängig zu sein.“

Aufbau von sozioökonomischer und klimatischer Resilienz

Das Projekt ist nicht nur ein logistisches Upgrade, sondern leistet auch einen Beitrag zum Klimaschutz. Durch die Erhöhung der Kapazitäten für den Schienengüter- und -personenverkehr wird der neue Korridor Emissionen reduzieren und den Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern.

Peter Ruland hebt außerdem hervor, dass die Auswahl der Materialien, Energiequellen und Baumethoden unter dem Gesichtspunkt eines geringen Kohlenstoffausstoßes überprüft wird – einschließlich der Verwendung biobasierter Kraftstoffe wie hydriertem Pflanzenöl (HVO) für schwere Maschinen.

„Wir stehen noch am Anfang, aber wir führen bereits ausführliche Diskussionen darüber, wie wir den Kohlenstoffausstoß auf allen Ebenen senken können – von den Materialien bis zur Mobilität“, sagt er.

Langfristig wird das Projekt die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit erhöhen, indem es die Verbindungen zwischen Hamburg, Berlin und den nordischen Ländern stärkt und somit Handel, Tourismus und regionale Entwicklung fördert.


Eine Blaupause für das, was als nächstes kommt

Mit der Fehmarnbelt-Querung, Projekten in Köln und Südbayern sowie neuen Tunnelausschreibungen könnte dieses Modell die Art und Weise, wie die Infrastruktur in Deutschland bereitgestellt wird, neu gestalten.

"Für Ramboll ist dies eine Fortsetzung unseres Engagements für die Zusammenarbeit, die Dekarbonisierung und leistungsstarke Partnerschaften, die einen Mehrwert über die Anlage hinaus schaffen", sagt Peter. "Dies ist mehr als eine technische Herausforderung - es ist ein Test dafür, wie gut wir zusammenarbeiten - und es funktioniert."

Möchten Sie mehr erfahren?

  • Dr.-Ing. Peter Ruland

    Leiter Verkehrsinfrastruktur

    +49 40 32818124

    Dr.-Ing. Peter Ruland